Bin ich überhaupt noch eine junge Erwachsene? Oder schon eine richtige?
Kurz vor dem Einschlafen kam mir gestern der Gedanke, dass ich mit fast 30 wohl kaum noch in ein Blog schreiben kann, welches die Überschrift "mein aufregendes Teenieleben" trägt. Da habe ich wohl ein paar Phasen meines Lebens einfach übersprungen oder wollte sie nicht wahrhaben. Und jetzt habe ich gestern so eine Art Krampfader an meinem rechten Schienbein und letztens beim Schminken Falten über meinem Augenlid entdeckt, die nicht sofort wieder weggingen nachdem ich aufgehört hatte, das Auge zwecks Mascara auftragen zusammenzukneifen.
Manchmal habe ich trotzdem das Gefühl, ich bin im Leben einer 20-jährigen stecken geblieben. Ich habe zwar einen Job und lebe alleine in einer Stadtwohnung, was eigentlich der typischen 30jährigen in New York aus romantischen Komödien oder irgendwelchen Serien entspricht; noch dazu date ab und zu Typen, um was zu erzählen zu haben wenn ich mich mit Freundinnen auf einen Kaffee treffe, heule insgeheim aber immer noch der letzten toxic situationship von vor 2 Jahren hinterher. In den Filmen wirkt es alles irgendwie cool und hip, in Wahrheit ist es aber oft einfach einsam und ich vergleiche mich mit Leuten, die ein Leben leben das sie doch auch nur in irgendeiner Werbung für Bausparverträge oder bei Insta oder in der taz gesehen haben. Warum wirken die trotzdem so, als wäre es genau das, was sie erfüllt; als hätten sie ihren Platz in der Welt gefunden.
Welches Label passt denn jetzt auf das aktuelle Kapitel meines Lebens? Ich weiß aus Erfahrung, dass man nicht ewig auf den einen Augenblick, auf den richtigen Menschen, die Erleuchtung warten kann sondern selbst dafür sorgen muss. Make yourself happy, jeder kann es schaffen, schallt es neoliberal in meinem Kopf. Seitdem ich unter Sozialarbeitenden weile, kann ich neoliberale Slogans aber nicht mehr so einfach befolgen. So bleiben, wie es ist, kann es aber ja irgendwie auch nicht. Also was tun? Dem Blog einen neuen Anstrich geben oder mich gleich selber neu erfinden?
Ich besitze seit diesem Jahr eine Salatschleuder, ein Bügeleisen und ein Bügelbrett. Außerdem habe ich häkeln gelernt und lese wieder mehr. Sollte ich mir vielleicht eine Katze holen? Zum Bügeln konnte ich mich noch nicht durchringen. Eine gute Freundin meines Vaters aus Kopenhagen war für mich immer der Inbegriff einer glücklichen Catlady: mit vielen Büchern und einer Katze verbrachte sie ihr Dasein in einer gemütlichen Wohnung, in der sie rauchte und las, sonnige Stunden im Innenhof mit ihren Nachbarn verbrachte, unter der Woche zu ihrem Bürojob radelte und in der Stadt gut vernetzt war. Sie hatte immer Zeit für uns wenn wir zu Besuch kamen und Bock, Ausflüge zu machen und sich mit uns zu unterhalten. Keine Ahnung was sie in der restlichen Zeit machte, aber vielleicht bekomme ich so langsam eine Ahnung.
Man muss keine Kleinfamilie gründen, um glücklich zu sein. Und man kann das alles und die Monogamie zu Recht kritisieren. Und trotzdem wünsche ich mir Verbundenheit auf die eine oder andere Art, mehr Nähe als die, die ich in spontanen und schönen Momenten in meinem Alltag erfahre und die nicht bis zu meinem Kern dringt. Aber ich bin so genervt von den immer gleichen Gesprächen die ich selbst immer wieder aufs (Online) Dating lenke und es schon gar nicht mehr merke, der Angst die sich um mich und meine single Kolleginnen und Freundinnen gelegt hat. Genervt und manchmal gefangen von der Angst, alleine zu bleiben und dem Vorwurf, es nicht genug zu versuchen, zu anspruchsvoll, zu verzweifelt, zu vermeidend zu sein, nicht genug Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und sich an den eh nicht passenden festzuhalten wegen irgendwelcher Bindungs-und Verlustängste die wir erstmal bitteschön alle zu überwinden haben, bevor irgendetwas weiteres passiert. Ich möchte diese Ängste überwinden mit Menschen, mit denen das anscheinend nicht geht und hab nebenbei keine Kraft mehr für immer neue Kaffee-und Spazierdates. Ich könnte mich ja auch in Gerd aus der Schulzeit verlieben, mit dem ich damals zum Üben manchmal rumgemacht habe und der mir jetzt auf Hinge wieder begegnet ist und nach einem Treffen fragt. Aber ich habe schon damals nichts dabei gefühlt. Vielleicht ist das bei anderen auch so und sie ignorieren es erstmal für eine gewisse Zeit, bis es dann egal ist weil die Verliebtheit ja auch sonst nach längerem nachlässt.
Das Problem ist aber, ich habe ja schonmal richtige echte Funken fliegen gesehen und sie haben mein Herz getroffen und alles verglüht. Und seitdem finde ich alles andere langweilig. Deswegen ist es vielleicht auch ganz okay, erstmal hier zu bleiben und zu schreiben. Jetzt muss ich gleich etwas seriöseres als ein Internet-Tagebuch schreiben, nämlich ein Lerntagebuch über die Psychologisierung des Sozialen. Viel lieber als mein Arbeitsfeld psychologisiere ich aber in meinem eigenen Leben herum. So - begebe mich dann mal wieder auf die Metaebene. Bis bald ihr Zimtschnecken und danke fürs Zuhören <3
P.S. Falls sich jemand gefragt haben sollte: Ich benutze fehlende Kommas als Stilmittel. Aber wir sind hier ja auch nicht in einer Deutsch-Klausur. Und wie viele Kommas muss man bitte in der deutschen Sprache setzen?! Ich finds etwas crazy.