Montag, 22. März 2021

Mein Corona-Jahr

Es war vor nun nicht mehr als einem Jahr, als plötzlich, an mir zunächst komplett vorbeigegangen, das Zeitalter der Pandemie eingeläutet wurde. Durch regelmäßige gemeinsame Lernsessions hatte ich die Monate zuvor nicht nur sowieso zumeist brav drinnen verbracht, sondern auch von der "Welt da draußen" nicht viel mitbekommen und hielt das ganze erstmal für einen schlechten Scherz. 

Mitten im Umzug und Examen wurde der Notstand ausgerufen, auf einmal war der Kontakt zu anderen homos sapiens potentiell gefährlich, einziges Highlight blieb der wöchentliche (oder tägliche) Supermarktbesuch sowie GNTM -und Streichpartys mit den Noch-Mitbewohnis. Zudem machte es ganz am Anfang noch richtig Spaß, sich möglichst umfassend mit dem Corona-Virus zu befassen, um mit seinem Wissen vor anderen prahlen zu können und suspekte Informationsquellen an Bekannte und Freunde weiterzuleiten. Schnell führte dies jedoch zum Eklat und um ein Haar wären Freundschaften auseinandergegangen, Verwandtschaften gekündigt worden. Daraufhin wurde das ein oder andere Mal meinerseits der politische Kurs geändert, es machte bald weniger Spaß, alle mit dem Thema zu belästigen oder belästigt zu werden. Ich traf mich jeden Tag mit einer anderen Person zum obligatorischen Spaziergang (war ja so erlaubt, aber wahrscheinlich nicht so gemeint), lebte back im Elternhaus und erreichte desöfteren Bildschirmzeiten von 6 Std. am Tag. Außerdem ergab sich eine kurze Phase des Online-Shoppings bei Kleiderkreisel.

Kurz darauf fing mein Arbeitsleben in einem kleinen Krankenhaus an, welches zuvor schon umfassend vom Virus befallen worden war und stürzte mich mitten ins Geschehen. Gleichzeitig zog ich vorübergehend in eine Mutti/Coole Architektin-WG in einem spießigen Stadtteil ein und fühlte mich bei beidem überwiegend fehl am Platz. 

Fortwährend hieß es 6 Stunden am Tag Maske tragen, mal MNS, mal FFP, welche sich nun während der immer wieder heranrollenden Wellen durchsetzte. Tja, die 100%ige Keimfreiheit gab leider dann doch nicht, was mir spätestens im November klar wurde, als nach und nach Kolleginnen verschwanden und in Quarantäne gesteckt wurden. Eines Morgens saß ich plötzlich alleine da und sollte die potentiell nicht infizierten Patienten "einfach nochmal behandeln", am nächsten Tag hieß es Betten umschieben, Stationen wurden dichtgemacht, im Dezember das ganze Haus. Ich hatte 1-2 Monate unerwartet frei, hatte ich mir zuvor schon heimlich gewünscht, auch mal in Quarantäne zu müssen angesichts der nicht so chilligen Arbeitsatmosphäre. Nun gewöhnte ich mich ans Nichtstun, arbeitete anschließend aber auch nur entspannte 2-4 Stunden am Tag aufgrund des immer noch nicht voll belegten Hauses. Fortan ging das Stäbchen-in-Mund-und-Nase-Gestecke los, mein Kollege Bernie mokierte sich zuverlässig weiterhin über die Masken und die Maßnahmen-Konformität und zeigte uns Youtube-Videos, was immer eine gern gesehene Abwechslung war. 

Zwischendrin gab es noch die große Impfdiskussion und einen Impfflirt, eine ausgefallene Silvesterparty und viele Essensbestellungen. Zum Schluss legten wir uns sogar noch ein Corona-Haustier zu und sind wahrscheinlich mittlerweile so sehr gealtert, dass wir auch gleich eine Familie gründen können. Wenn in 30 Jahren die Clubs wieder öffnet, werden wir eh zu uncool sein um hinzugehen. 

Zurzeit bin ich schon wieder halb ins Nichtstun abgerutscht aufgrund vermeidbarer Verletzungen bei der Frühstückszubereitung und anschließender Erkältung. Tja sehr arbeitsintensiv kann man das letzte Jahr nicht nennen, irgendwie crazy times die sich mittlerweile fast normalisiert haben. 

Mal gucken, was noch kommt. Vielleicht wird der Sommer ja wieder nice! Aber in schweißtropfenden Partykellern sich an fremden Körpern zu reiben wird wohl sehr lange, wenn nicht gar für immer, ein zuletzt im Winter 2019/2020 gern erlebtes Phänomen bleiben.


Lebensweisheit des Tages

 " 'Wenn es nicht ab und zu dunkel würde, könnte man sich über das wiederkehrende Licht nicht freuen'.

...ich brauche auch den Wechsel der Jahreszeiten in jedem Jahr. Schönen Schnee brauche ich ebenso wie warme schwüle Sommertage. Ich fliehe nicht vor schlechtem Wetter wie viele Menschen im Zeitalter des augenblicklichen Überflusses... lieber wie die Ölsardinen in Spanien am Strand als den grauen November hier verleben. 

Jede Zeit hat schöne Seiten. Natürlich kann man im Herbst keine Frühlingsblumen erwarten. So ist es auch mit dem Lebenslauf. Wer Wunder erwartet, macht sich lächerlich. 

Jeder muss wohl seine eigenen Fehler im Leben machen und daraus lernen. Ein Patentrezept, welches von Generation zu Generation ganz einfach übernommen werden kann, gibt es leider nicht. " 

-kluge Worte von Oma